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Stellungnahme

 ...  zur Forderung "Stopp Begegnungszone"

Über den Sommer 2016 ist die Forderung „Begegnungszone stoppen“ öffentlich geworden. Sie wurde u.a. in einem Antrag der SPD-Fraktion der BVV formuliert. Argumentiert wird, dass „keiner“ der „Punkte", die in einem BVV-Beschluss zur Begegnungszone Bergmannstraße vom Dezember 2013 formuliert worden waren, „in den … Planungsvarianten berücksichtigt“ seien.

Unsere Initiative stellt hierzu fest:

Richtig ist, dass es bislang leider immer noch nicht das Verbot zur Durchfahrt des motorisierten Inidividualverkehrs auf der Zossener Straße in Nord-Süd-Richtung auf Höhe der Markthalle gibt. Diese Forderung bleibt auch für unsere Initiative zentral, da bei ihrer Umsetzung ein Kernproblem mit dem Verkehr im Bergmannkiez, der Lärm und die Belastung allgemein durch motorisierten Verkehr, erheblich reduziert würde. Diese politische Forderung scheitert nach wie vor auf Landesebene an der Verkehrslenkung Berlin (VLB), angesiedelt bei SenStadtUm.
Die im Antrag kritisierten „Planungsvarianten“ (s.u.), beschreiben jedoch lediglich Möglichkeiten für eine Gestaltungs der Bergmannstraße. Sie können nicht politische Entscheidungen für die Zossener Straße bewirken. Insofern geht die Kritik in dieser Form an der Sache vorbei. Schon 2013 war klar, dass hier ein zentrales politisches Problem besteht – und schon damals konnte niemand sagen, wann es gelöst werden würde. Trotzdem haben sich alle Beteiligten auf den Begegnungszonen-Prozess eingelassen – ohne einen Termin zu benennen, wann ein Ausbleiben der VLB-Entscheidung zum KO-Kriterium für den Begegnungszonen-Prozess werden soll. Derzeit gibt es keinen sachlichen Grund, warum gerade jetzt der Termin für ein "Stopp" gekommen sein soll - zumal der Prozess noch läuft (s.u.).

Der zweite Kritikpunkt des Antrags, eine fehlende Einbeziehung der Bergmannstraßen-Planungen in ein „Gesamtkonzept“ und die mangelnde Einbeziehung der „Bevölkerung … in die Ausarbeitung des Konzeptes“, greift zu kurz. Es liegt in der Natur der Sache, sich bei einem Projekt "Begegnungszone Bergmannstraße" erst einmal die Bergmannstraße anzuschauen, dort Problemlagen zu erheben und Lösungsvorschläge zu entwickeln. In einem zweiten Schritt könnte dann die Frage geklärt werden, inwieweit solche Lösungen in ein Gesamtkonzept für den Bergmannkiez passen.
Wobei einzelne komplementäre Rahmen-Planungen schon auf den Weg gebracht wurden: Derzeit prüft (voraussichtlich bis Ende 2016) der Bezirk die Umstände einer Parkraumbewirtschaftung für den gesamten Bergmannkiez, um wegfallende Parkplatz-Kapazitäten in der Bergmannstraße zu kompensieren.
Gar nicht nachvollziehbar ist die Kritik an der Einbeziehung der Bevölkerung: Der – noch andauernde – Bürgerbeteiligungsprozess entwickelt sich in einer Weise positiv (s.u.), wie dies anfangs (auch hier ist die Maaßenstraße ein Negativ-Beispiel) nicht zu erwarten war.

Was den dritten Kritikpunkt betrifft, die angeblich fehlende Einbeziehung der Markthallen-Kreuzung in die Planung, so steht die Behauptung gegen die Realität. Zwar hatte noch im Dezember 2013 auf der Verkehrsausschuss-Sitzung der Senats-Vertreter zum o.g. BVV-Beschlusses erklärt: Wenn die BVV an dieser Forderung festhalte, sei die Finanzierung des gesamten Vorhabens gefährdet. Zwei Jahre später stellte sich die Situation ganz anders dar: Im Auftrag von SenStadtUm (!) legte das Planungsbüro LK Argus für die 2. Online-Phase der Bürgerbeteiligung drei Planungs-Ideen  auch für die Markthallen-Kreuzung vor (z.B. die Variante „Kreisverkehr“). Die Kreuzung ist also inzwischen in die Planungen einbezogen. 

Der entscheidende Grund für unsere Initiative, auf dem Verkehrsausschuss der BVV am 06. September 2016 gegen die Annahme des vorgelegten Antrags zu argumentieren, war jedoch: Es fehlt die Grundlage für eine Entscheidung „Stopp“ oder „Weiter“. Denn bislang gab es noch keinen einzigen belastbaren Planungs-Entwurf für die Bergmannstraße. Dieser sollte, nach Auswertung der Bürgerbeteiligungs-Ergebnisse , im Herbst 2016 vorgelegt werden. Was es gibt - und worauf sich der Antrag bezieht - sind die o.g. Planungs-Ideen. Sie sollten in der Phase des zweiten Phase der Online-Bürgerbeteiligung (Frühjahr 2016 ) die Beteiligungs-Diskussion durch Visualisierung von Gestaltungs-Möglichkeiten unterstützen - nicht mehr, nicht weniger.

Wir meinen: Um über "Stopp" oder "Weiter" des Verkehrsplanungs- und Bürgerbeteiligungs-Prozesses entscheiden zu können, sollte erst einmal eine Entscheidungsgrundlage vorliegen. Ein Stopp zum jetzigen Zeitplanung hätte nicht nur den Abbruch des Verkehrsplanungs-Prozesses ohne ein belastbares Ergebnis zu Folge. Überhaupt nicht akzeptabel ist, dass ein Parlament einen Bürgerbeteiligungs-Prozess abbricht, bevor dieser beendet ist.

Dies gilt umso mehr, als dass im laufenden Prozess weitere Fortschritte im Sinne einer erweiterten Partizipation erkennbar sind. Es war schon als Erfolg zu verbuchen, dass im Dezember 2014 auf Initiative der SPD durch die BVV die Einrichtung einer „Zentrale Steuerungsgruppe“ zur Bürgerbeteiligung aus Bezirk, Senat und Zivilgesellschaft beschlossen wurde, an der auch die Gewerbetreibenden und z.B. Fahrrad-Verbände beteiligt sind. Dieses Gremium tagte seit Mai 2015 inzwischen 12 mal. Auch hier konnte viel erreicht werden: Die ursprünglich vorgelegte Struktur der Bürgerbeteiligung (zwischen September 2015 und April 2016), die sich sehr an dem Bürgerbeteiligungs-Prozess Maaßenstraße orientiert hatte, wurde stark verändert – es gab nun zwei Online-Phasen (eine zur „Problem-Erhebung“, eine zweite für „Lösungsvorschläge“). Es gab Bürgerwerkstätten – offene ebenso wie solche nach Mikrozensus. Es gab, als reguläre Bestandteile des Beteiligungsverfahrens, Gespräche mit dem Behinderten-Beirat und den Gewerbetreiben. Die seit Juni vorliegenden Ergebnisse der ersten Bürgerbeteiligungs-Phase geben wichtige (z.T. durchaus kontroverse) Hinweise, was sich die Bürger*innen hinsichtlich einer besseren Verkehrsplanung in der Bergmannstraße wünschen.

Nun gibt es eine Änderung im Plan, die wir grundsätzlich positiv bewerten: Der Senat aus den Fehlern der Maaßenstraße gelernt und brachte den Vorschlag einer  „Testphase“ ein. Dafür, und nicht für eine „abschließende bauliche Planung“ (wie bei der Maaßenstraße), soll nun ein Planungsentwurf mit "reversiblen Elementen" z.B. für Rad-Abstellanlagen, nichtkommerzielle öffentliche Aufenthalts-Bereiche, aber auch effektive Lieferzonen-Bereiche erarbeitet werden, der voraussichtlich im November 2016 vorgestellt wird. Wenn Bürger*innen und BVV dem zustimmen, soll diese Planung dann ab Mitte 2017 bis Anfang 2019 getestet werden.

Faktisch wurde damit zugleich ein „erweiterter Bürgerbeteiligungsprozess“ geschaffen, da die „Testphase“ ebenfalls mit Elementen der Bürgerbeteiligung begleitet werden soll. Wie diese Bürgerbeteiligung aussehen soll, darüber entscheidet die Zentrale Steuerungsgruppe, die sich das nächste Mal wieder Ende September trifft. Diesem Prozess wollen wir eine Chance geben – und ihn nicht durch einen „Stopp“ beenden.

Natürlich wird unsere Initiative dies weiter kritisch begleiten: die Gestaltung der Bürgerbeteiligung ebenso wie die Vorschläge zur Verkehrsplanung.  So sind wir der Meinung, dass nach den Wahlen 2016 der politische Druck auf die Verkehrslenkung Berlin erhöht werden muss, die Einstufung der Route Zossener Straße–Friesenstraße als „Ergänzungsstraße“ des übergeordneten Straßennetzes von Berlin aufzuheben – als Voraussetzung für die Sperrung der Route für den motorisierten Durchgangsverkehr (siehe dazu unsere Befragung von Kandidat*innen zur Abgeordnetenhaus-Wahl am 18.9.2016). Aber: Nicht statt eines Begegnungszonen-Prozesses, sondern parallel und komplementär dazu.

Und wir sprechen uns natürlich dafür aus, dass in der Zeit der „Testphase“, die zwischen Schenkendorffstraße und Tempelhofer Berg stattfinden soll, die Planungen für die Markthallen-Kreuzung nicht ausgesetzt, sondern fortgesetzt werden. Die Planungen für 2 Jahre auszusetzen hätte zur Folge, dass es 2019 ein Ergebnis für die Bergmannstraße gibt - aber nicht für die Markthallen-Kreuzung. 

Hier könnte und sollte die "Echt"-Planung aus den Ergebnissen der bisherigen Bürgerbeteiligung fortgesetzt werden. Der Kreuzungsbereich ist kein Testfeld für  reversible Elemente: Hier müssen weder Parkplätze noch Lieferzonen noch Möglichkeiten des nichtkommerziellen Aufenthalts berücksichtigt werden. Hier geht es darum, die Voraussetzungen für den Fuß- und Radverkehr zu verbessern, und den motorisierten Verkehr zu reduzieren. Auch die "Schnittstellen" zu den übrigen Bereichen dürfte kein Problem darstellen: Würde im Kreuzungsbereich die Fahrbahn-Breite auf maximal 6,50 m reduziert, trifft sich dass genau mit der geplanten Friesenstraßen-Sanierung auf der einen, und der "Testphase Bergmannstraße" auf der anderen Seite. Wie es gehen kann, zeigt die o.g. "Kreisverkehr"-Skizze (ob mit oder ohne den Kreisverkehr ist zweitrangig): Im Kreuzungsbereich würde der Bereich für Fußgänger erweitert, die derzeitigen Sperr-Gitter und die Ampeln könnten abgebaut werden. Unterstützt durch Zebrastreifen gäbe es über eine schmalere Fahrbahn bessere Querungsmöglichkeiten für Fußgänger in alle Richtungen. Für den Radverkehr könnte die o.g. Verlegung des Fahrweges Richtung Südstern weg vom Bürgersteig auf die (dann asphaltierte) Fahrbahn zwischen Friesen- und Heimstraße gleich mit realisiert werden.

Lösungen für die Markthallen-Kreuzung dürfen nicht auf den St. Nimmerleins-Tag verschoben werden. Dafür, und für die Sperrung der Zosser für den Durchgangsverkehr, wünschen wir uns Unterstützung von allen gesellschaftlichen Kräften. Gern im Rahmen einer Fortsetzung des laufenden Planungsprozesses mit seinen Bürgerbeteiligungs-Elementen.

Für die Initiative

Hans-Peter Hubert
10.09.2016

  


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